De Ronde van Vlaanderen (Flandern-Rundfahrt) 2013 mit Flottweg-Beteiligung…


„Der Winter hat uns immer noch fest im Griff, Temperaturen um die 0°C, Mittags kaum über 5°C. Dazu ein kalter Nordostwind.
Trotzdem machte ich mich am Karfreitag bei leichten Schneegeriesel auf die lange Anreise ins winterliche Flandern.

In Brügge bezogen wir ein überteuertes Ibis-Hotel mitten im Zentrum der Stadt.
In den Straßen des schönen historischen Stadtkerns herrschte viel Hektik. Während der Ronde ist Ausnahmezustand in Flandern. Bei den Sehenswürdigkeiten tummelten sich die Radsportler, Fans und Touristen aus aller Welt.

Am Sonntag würde das Rennen der Profis vom Markt in der Innenstadt gestartet werden und einen Tag vorher machten sich dort auch die Jedermänner auf die 260 km lange Distanz von Brügge nach Oudenaarde. Parallel wurden zwei kürzere Distanzen (83 km und 133 km) sowie eine MTB-Strecke im Zielort Oudenaarde angeboten und auch von dort gestartet.

Am frühen Samstagmorgen fuhr ich bei eisiger Kälte dick eingepackt erst zum Jan Breydelstadion, um mir dort meine Startunterlagen abzuholen. Ich fand das ca. 4 km entfernte Fußballstadion nicht sofort und hatte mich mehrmals verfahren. Um 8:00 hatte ich meine Startnummer endlich am Rad und fuhr zurück zum Marktplatz nach Brügge. Dort war der offizielle Start. Um 8:15 machte ich mich endlich auf die Strecke.
Es durfte eigentlich nur von 7:00- bis 8:00 gestartet werden. Ich war also viel zu spät dran. Die großen Gruppen waren natürlich schon über alle Berge und die ersten 60 km mußte ich alleine fahren. Ich ärgerte mich ein wenig darüber. Na ja egal, dadurch entkam ich wenigstens der Hektik, die sich Anfangs durch große Gruppen auf den engen Radwegen immer entwickelte.
Da ich alleine im Wind nur langsam voran kam würde es heute ein langer kalter Tag auf dem Rad werden. Schei…

Nach der ersten Kontrolle konnte ich mich einigen Radfahren anschließen und mich in deren Windschatten ausruhen. Das Tempo war in den Gruppen natürlich höher und endlich machte ich Kilometer.
Die ersten Hügel tauchten in der tristen grauen Landschaft vor uns auf. Es war dicht bewölkt und die Sonne kam nur selten heraus.

Bei Kilometer 120 gab es mit dem Tiegemberg einen ersten kleinen Vorgeschmack auf die 17 Hellingen (so werden die Anstiege in den flämischen Ardennen genannt) die bei der Jedermannstrecke auf dem Programm standen. Kurz darauf folgten auch schon zwei kürzere flache Kopfsteinpflasterabschnitte bei Wannegemdorp.

Endlich wieder Kasseienstroken! Einen ganzen langen Winter hatte ich darauf gewartet. Der erste flache Streckenabschnitt hatte sich durch meine Alleinfahrt natürlich unnötig in die Länge gezogen. Ich schätze das ich wohl mehr als eine Stunde hinter meiner Zeit war, die ich sonst auf den ersten 150 km bei der Ronde gebraucht hatte.

 

 

Nach der dritten Verpflegungskontrolle in Meersbloem ging dann der Spaß richtig los.
Als zweiter Anstieg mußte schon der bis zu 22% steile Koppenberg bezwungen werden. Ich fühlte mich gut und trat kraftvoll in die Pedale mit der festen Absicht diese Helling endlich wieder fahrend zu bewältigen. Als sich ein Fahrer im steilsten Abschnitt vor mir plötzlich quer stellte und abstieg war mein Vorhaben ein weiteres Mal zum Scheitern verurteilt. Ich mußte aus die Pedale und einige Meter laufen bevor ich wieder in den Sattel steigen konnte.
Mit viel Wut in den Beinen knüppelte ich die nächsten Anstiege nieder. An den nächsten fünf Hellingen und der kurz darauf folgenden langen leicht ansteigenden Kopfsteinpflasterstraße Holleweg hatte ich genug Möglichkeiten um meinen Frust raus zu lassen. Irgendwo überholte ich Tom aus Gelsenkirchen. Ich wechselte nur ein paar Worte mit ihm. Ich hatte jetzt einen Lauf und wollte mich nicht ausbremsen lassen.

Es wurde immer voller auf der Strecke. Ich überholte jetzt ständig Teilnehmer die wahrscheinlich schon heute Morgen um 7:00 gestartet waren. Bei Kilometer 180 erreichte ich einen meiner Lieblingshellinge, den Molenberg. Dort hatte der Veranstalter eine Zeitnahme mit Videoaufnahme aufgebaut. Der Zeitnahmechip dafür war an meiner Startnummer angebracht. Als ich die Kameras vor mir auftauchen sah legte ich noch einen Zahn zu. Als ich einige Kilometer später auf die leicht ansteigende 2300m lange Paddestraat einbog kannte meine Freude keine Grenzen mehr. Es machte wieder richtig Spaß! Ich liebe diese Straßen!

Nach der vierten Verpflegung kehrte etwas Ruhe ein. Rekelberg, Berendries und Valkenberg folgen mit langen Abständen. Es war Zeit Luft zu holen. Beim Profirennen würde zu dieser Zeit die erste Selektion stattgefunden haben und die Favoriten würden sich in der ersten größeren Gruppe eingereiht haben.

Da ich heute viel zu viele Kilometer alleine gefahren war machte mir der kalte stramme Gegenwind immer mehr zu schaffen. Es gab kaum noch Möglichkeiten, um sich in Gruppen zu verstecken. Das ständige Auf und Ab forderte die Teilnehmer auf seine Art und jeder fuhr sein eigenes Tempo. Ich bog in die Haaghoekstraße ein. 2330 m Kopfsteinpflaster. Nach einer Senke steigt die Straße wieder leicht bergan. Ich wollte den Schwung über die Kuppe noch hinüberretten und durchtreten – aber die Beine wollten nicht mehr. Zähne zusammenbeißen, die Schmerzen ignorieren und dann war diese zähe Passage auch geschafft.

 

Ich vergaß das Essen und Trinken nicht. Der Energieverbrauch war bei diesen niedrigen Temperaturen enorm. Es mußte schon mein zweites Gel herhalten als ich die nächsten Hellinge in Angriff nahm. 25 km vor dem Ziel gab es dann noch eine letzte Verpflegungskontrolle. Dort nahm ich noch einmal ein paar Honigwaffeln und trank einen halben Liter gelbes Zuckerwasser. Hoffentlich würde mich das noch über die finalen Anstiege Oude Kwaremont und Paterberg retten.

In der langen Abfahrt hinuter zum Fuße des vorletzten Anstiegs kühlte ich zum ersten mal etwas aus und fing an zu frieren. Wahrscheinlich war das auch eine Folge meiner schwindenden Kräfte. Wenn ich nach rechts blickte konnte ich schon die vielen weißen Zelte sehen, die entlang des Oude Kwaremont für die Zuschauer des morgigen Profiradrennens aufgebaut waren. Ich war froh als es in den berühmten Anstieg ging. Jetzt konnte ich mich wieder warm fahren.
Im unteren Teil noch Aspahlt, dann wechselt der Untergrund im steileren Stück zu schönstem flämischen Kopfsteinpflaster. Ich mobilisierte meine letzten Kräfte.
Im mittleren Teil wird es etwas flacher. Zum Glück gab es endlich mal Rückenwind. Mit dieser Hilfe konnte ich die flachere Passage kraftvoller durchtreten und wieder eine höhere Geschwindigkeit halten. Oben heraus wird es dann wieder etwas steiler. Ich ließ mich durch langsamere Fahrer auf der mittleren Ideallinie nicht ausbremsen und fuhr an ihnen vorbei um die letzten Meter Kopfsteinpflaster mit Schwung durchzutreten.

Dann bog ich oben links auf die breite Landstraße ab. Auch hier stieg die Straße weiter an bevor es in die Abfahrt zum letzten Helling des Tages ging.
Hoffentlich hatte ich noch genug Reserven für den 21% steilen Paterberg. Der Kopsteinpflasterweg am Paterberg ist etwas breiter als am Koppenberg. Außerdem waren zu dieser späten Stunde nicht mehr viele Teilnehmer auf der Strecke. Es war also genug Platz. Im Sitzen fuhr ich diesen letzten Anstieg und war froh, nicht absteigen zu müssen. Geschafft.

Auf der darauffolgenden Abfahrt erwischte mich ein kleiner Schneeschauer. Der kalte Wind frischte nochmals auf und erschwerte die letzten 15 flachen Kilometer bis ins Ziel.
Zum Glück formierten sich wieder Gruppen und ich konnte mich im Windschatten schonen. Endlos lang zog sich die breite Straße Richtung Oudenaarde. Am Straßenrand die Kilometeranzeigen: 15- 10- und 5 Kilometer. Wieder hangen dunkle Wolken am Himmel als ich gegen 18:00 endlich über die lange Zielgerade nach Oudenaarde fuhr. Doch es blieb trocken. Nur noch 1 Kilometer. Rechts und links waren die Tribünen für das Profirennen aufgebaut. Nach 10 Stunden und 270 km überfuhr ich die Ziellinie.

 

Das war sie also, meine 9. Ronde.
Durch meine späte Startzeit und das winterliche Wetter gehörte diese Ronde van Vlaanderen sicherlich zu einer der härteren und schwierigeren Austragungen für mich überhaupt. Aber nach der Enttäuschung im letzten Jahr hat es diesmal wieder Spaß gemacht.
Und vielleicht mache ich deshalb im nächsten Jahr noch die 10. Teilnahme voll…“


Der Text in Axels Blog (und weitere seiner interessanten Erlebnissen auf dem Rad…):
http://virenque.blog.de/2013/04/09/ronde-van-vlaanderen-15735668/

Axels Ronde mit Höhen und Tiefen…:
http://www.endomondo.com/workouts/171634000/4107038